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Vom besetzten Land zum souveränen Staat.

Verfasst: 09.06.2025, 10:02
von -sd-
Deutschland nach 1945:
Nachkriegsjahre: Alliierte Besatzung (1945-1949) / Besatzungsherrschaft
Besatzungszeit und Staatengründung
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Vom besetzten Land zum souveränen Staat / Der Deutschlandvertrag

Im September 1950 faßten die westlichen Außenminister
auf einer Konferenz in New York weitreichende Beschlüsse,
die u.a. folgendes beinhalteten:

1. Die Anerkennung des alleinigen Rechts der Bundesregierung,
für Gesamtdeutschland zu sprechen,
2. das Recht zur Errichtung diplomatischer Vertretungen,
3. die Genehmigung zur Aufstellung der Bereitschaftspolizei
in den Ländern,
4. eine Sicherheitsgarantie für das Bundesgebiet
und die Westsektoren Berlins,
5. ein weitgehendes Entgegenkommen auf dem Gebiete
der wissenschaftlichen Forschung,
6. die Aufhebung der Beschränkung des Schiffsbaus und der
Schiffahrt sowie anderer Industrieproduktionen.

Am 6. März 1951 traten diese Bestimmungen als revidiertes
Besatzungsstatut in Kraft. Und das waren die nächsten Schritte:

Am 15. März 1951 übernimmt Dr. Adenauer Aufgaben und Titel
eines Bundesministers des Auswärtigen.

Am 18. April 1951 erfolgt die Unterzeichnung des Schumann-
Planes und der europäischen Deklaration durch den Bundes-
kanzler in Paris.

Am 2. Mai 1951 wird die Bundesrepublik Vollmitglied des Europa-
rats, dem sie bereits seit Juni 1950 als assoziiertes Mitglied ange-
hört hatte.

Am 13. Juni 1951 erfolgt die Wiederaufnahme diplomatischer
Beziehungen.

Am 9. Juli 1951 erklären die westlichen Besatzungsmächte
den Kriegszustand mit Deutschland für beendet.


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Vom besetzten Land zum souveränen Staat.

Nachdem auf der Brüsseler Außenministerkonferenz im Dezember
1950 gegen den anfänglichen Widerstand durch Paris und London
die deutsche Beteiligung an der Verteidigung des Westens endgültig
beschlossen worden war, erklärte der Bundeskanzler, daß eine
solche Beteiligung stattfinden könne, wenn das Besatzungsstatut
durch ein System freiwillig abgeschlossener Verträge ersetzt würde.
Die Verhandlungen darüber fanden ihren Niederschlag in dem am
26. Mai 1952 von den Außenministern Frankreichs (Schumann),
Englands (Eden) und der Vereinigten Staaten (Acheson) sowie dem
Bundeskanzler in Bonn unterzeichneten Deutschland-Vertrag.
Politisch bedeutete dieses Vertragswerk:

a) die Beendigung des Besatzungsregimes,
b) die Wiederherstellung der deutschen Souveränität,
c) einen deutschen Verteidigungsbeitrag anstelle
der Besatzungskosten,
d) die vertragliche Verpflichtung der Alliierten, an der
Wiedervereinigung Deutschlands mitzuwirken,
e) die Ausschaltung der Möglichkeit einer Einigung der
Alliierten mit Sowjetrußland auf Kosten Deutschlands.

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Halbe Souveränität.

Am 5. Mai war es drei Jahre her, daß die Bundesrepublik souverän wurde.
Das Ereignis wurde damals durch den Bundestagspräsidenten bekanntge-
geben, der ein Schreiben des Bundeskanzlers verlas, in dem es hieß:
"Die Vertreter der französischen Republik und des Vereinigten Königreiches
haben um 12 Uhr die Urkunden über die Ratifizierung des Deutschlandver-
trages und des Truppenstationierungsvertrages hinterlegt ... das Besatzungs-
regime ist damit beendet, die Bundesrepublik Deutschland ist souverän".

Mit dem Truppenstationierungsvertrag waren allerdings eine Reihe von Be-
dingungen verbunden, die unsere Souveränität bis heute stark einschränken.
So sind z. B. auf dem Gebiet der Bundesrepublik die Nachrichtendienste
der früheren Besatzungsmächte recht eifrig tätig. Es ist ihnen gestattet,
nach Belieben einige durch das Grundgesetz garantierte Rechte zu verlet-
zen (z.B. das Briefgeheimnis), unsere Telefongespräche abzuhören und
nach ihrem Gutdünken Verhaftungen vorzunehmen; ganz abgesehen davon,
daß den früheren Besatzungsmächten auch ein Interventionsrecht einge-
räumt wurde und die Angehörigen ihrer bei uns stationierten Streitkräfte
bei Straftaten nicht vor die Gerichte des souveränen deutschen Bundes-
staats kommen dürfen.

Das Entscheidende daran ist nun keineswegs die Einschränkung der Souve-
ränitätsrechte, die selbstverständlich bei jedem übernationalen Zusam-
menschluß unvermeidlich ist, aber in diesem Falle handelt es sich um
einseitige Zugeständnisse, die der deutschen Bundesrepublik abgefordert
worden sind. Kein anderes Land, das der NATO oder sonst einer westlichen
übernationalen Gemeinschaft angehört, duldet derartige einseitige Be-
schränkungen, die sich gegenüber dem einzelnen Bürger schwerwiegend
bemerkbar machen können.

Es ist erstaunlich, wie gleichmütig bisher diese Tatsache in der Bundes-
republik hingenommen wurde, wobei allerdings zu beachten ist, daß der
größte Teil der Bevölkerung nur wenig Kenntnis davon hat. Es sei auch
zugegeben, daß die den früheren Besatzungsmächten verbliebenen Befug-
nisse gegenüber den deutschen Staatsbürgern maßvoll angewandt wurden,
es genügen allerdings die wenigen bekanntgewordenen Fälle von Willkür-
akten (sie wurden zumeist gegen Ausländer und Staatenlose begangen),
um uns die schwachen Punkte unserer Souveränität ins Gedächtnis zu rufen.

Aus DIE BRÜCKE, München. we.
Quelle: OSTPREUSSEN-WARTE, Juni 1958.


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