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Walter Tormin in 'Der schwere Weg zur Demokratie'.
Politischer Neuaufbau Hamburg 1945/46.
Der Jugend, die die meiste Arbeit für den Wiederaufbau zu leisten haben würde und
von der letztlich die Gestaltung der Zukunft abhing, galt 1945/46 viel besorgte Auf-
merksamkeit. Einige hielten sie für nationalsozialistisch verseucht, weil sie nichts
anderes kennengelernt hatte. Sie sei außerdem durch den Krieg verroht und verwahr-
lost, unfähig zur Mitarbeit am Wiederaufbau der Demokratie. Andere setzten ihre
Hoffnung darauf, daß die jüngere Generation es besser machen werde als die Älteren,
daß aus ihr neue Impulse für das gesellschaftliche und politische Leben kommen
würden und daß sie die Alten bald werde ablösen können.
Den Jüngeren selber ging es vor allem darum - neben der Bewältigung der sie be-
sonders hart treffenden Not und des Hungers - eine zivile Lebensperspektive zu
finden, eine Chance im Beruf oder zum Studium, und nicht durch die Entnazifizierung
davon ausgeschlossen zu sein. Sie forderten die 'Jugendamnestie', das heißt die
Befreiung aller Jüngeren (etwa ab Jahrgang 1916) von den durch die Besatzungs-
mächte (später durch deutsche Gesetze) verfügten Berufsbeschränkungen und
sonstigen Sühnemaßnahmen für ehemalige Angehörige von NS-Organisationen.
Die Situation der Jugend nach 1945, insbesondere in Hamburg, wird im folgenden
durch zeitgenössische Zeugnisse und Erinnerungen aus unterschiedlicher Perspektive
dargestellt.
Bürgermeister Petersen: Die Jugendamnestie kommt.
So faßten die Hamburger Bürgerschaft, wie auch der Zonenbeirat, einmütig den
Beschluß, der Militärregierung vorzuschlagen, die Jugendlichen nicht mehr unter
das Gesetz der Entnazifizierung fallen zu lassen, es sei denn, daß sie strafbarer
oder tadelnswerter Handlungen beschuldigt werden. Denn gerade die Jugend,
die im guten Glauben für ein falsches Ideal kämpfend am bittersten enttäuscht
wurde, darf man nun nicht noch mit Denazifizierungssorgen belasten.
Quelle: Petersen-Rede ca. Juli 1946 (Familienarchiv Petersen).
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Die Wirklichkeit des täglichen Lebens.
Ein Jugendsportführer hat sich einmal die Mühe gemacht, Erhebungen über die
Lebensverhältnisse von 250 ihm anvertrauten jungen Menschen von 14-18 Jahren
anzustellen. Das Ergebnis ist sehr aufschlußreich und gibt eine eindrucksvolle
Vorstellung von der Wirklichkeit des täglichen Lebens, die alle Probleme aufhellt
und damit ihre Lösung andeutet.
Von den 250 Jungen waren 80 Prozent unterernährt, 75 Prozent hatten nicht die
ihrem Alter entsprechende Größe. 180 hatten keine eigene Schlafstelle, sie schliefen
mit Geschwistern in einem Bett. 30 Jungen mußten auf dem Fußboden schlafen.
230 von den jungen Leuten gaben an, daß ihre Eltern wegen Nahrungsmangels auf
dem Schwarzen Markt kaufen müßten, es aber nicht mehr lange durchhalten könnten.
Nur 20 Jungen erklärten, daß sie lediglich von den Rationen der Lebensmittelkarten
lebten. 200 Jungen hatten zwar eine Lehrstelle, erzählten aber, daß sie aus Material-
mangel kaum etwas zu tun hätten, also nichts lernten und auch keinen Berufsfleiß
entwickeln könnten.
Quelle: 'Hamburger Echo' vom 15. Juni 1946
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Verlorene Jugend ? 1945/46.
Kriegsrecht der Besatzungsmächte behinderten politische Arbeit.
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