Harry von der Plumpe.

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-sd-
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Harry von der Plumpe.

Beitragvon -sd- » 09.02.2010, 13:00

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Nachts auf einer einsamen Erzbahn in Lappland, hoch im Norden zwischen einem Touristenhotel und
einem Ferienheim. Mehrere fröhliche deutsche Gäste balancieren über die Gleise, den einzigen Weg.
Es geht laut her. Plötzlich eine laute Stimme:

"Mann - ihr könnt doch hier nicht so'n Radau machen !"
"Wo kommst Du denn her ?"
"Na, von 'na Plumpe (Berlin)."
"Aber doch wohl nicht zu Fuß ?"

Es war Harry, der stets gutaufgelegte Harry Ortmann, der vor acht Wochen auf der Bundesjugend-
konferenz der DAG zum Bundesjugendleiter gewählt wurde. Harry ist jetzt 29 Jahre alt. Sein Lebenslauf
begann "ganz normal", wie er erzählt, "mit Schule und so". Aber bereits mit 16 Jahren wird er 1944
als Luftwaffenhelfer eingezogen, kommt mit noch nicht 18 Jahren in Gefangenschaft, wird aber von den
Engländern aus dem Lager gezogen und einem Bauern 'in Patenschaft' gegeben. In Rönsahl bei Kierspe
im schönen Westfalen lernt er pflügen und mähen, Heu staken und Garben binden.

Ein Jahr später huscht er 'schwarz' über die grüne Demarkationslinie. Russische Soldaten erwischen ihn,
sperren ihn ein, lassen ihn aber gegen Kaution eines rostfreien Taschenmessers mit Sägeschneide nach
Berlin weiterreisen.

Er tritt dann in den Dienst der Berliner Stadtverwaltung, wird Jugendbetriebsrat "und so weiter",
und 1951 treffen wir ihn als 'Hauptamtlichen' bei der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft wieder.
Harry wird Landesvorsitzender der Berliner DAG-Jugend. In Minden erhält er dann das fast einstimmige
Vertrauen des Gesamtverbandes. Mit souveräner Ruhe ("von Beruf eigentlich Verwaltungsfachmann")
leitet er die Konferenzen und jetzt die Vorbereitungen zum bisher größten DAG-Jugendtreffen.

Privatim ist er übrigens ein großer Jazzfreund, und seine Mitarbeiter meinen, es sei an ihm ein guter
Pianist verloren gegangen. Jedenfalls hat er die Wette in Amsterdam gewonnen. Es ging darum ob er
den Klavierspieler einer Band ersetzen könne. "Harry, sei kein Feigling !" riefen seine Freunde, und alle
waren erstaunt, als der dunkelhäutige Guitarrist lächelte: "Watt denn, watt denn, 'n Berlina ist doch
keen Feigling !" Der Indonesier hatte jahrelang in Berlin gastiert.

Harry gewann die Wette nebenbei spielend, so spielend, wie er sich in den letzten sieben Tagen in die
Arnsberger Verhältnisse hineingefunden hat. Er kennt sich aus, der 'Harry von der Plumpe', das wird
niemand besser wissen als seine 1.700 Berliner Landsleute, die heute morgen in unserer Bergstadt
eingetroffen sind, und in der Zeltstadt an der Grimmeschule Quartier bezogen haben.

Ihnen und unserem Harry Ortmann mit "ganz leichtem westfälischen Schlag" (Rönsahl bei Kierspe)
gilt heute morgen unser besonderer Gruß !

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Quelle: Wochenendausgabe 'Westfälische Rundschau' in Arnsberg vom 8./9. Juni 1957.

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