Rudi Gaidosch ?

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-sd-
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Rudi Gaidosch ?

Beitragvon -sd- » 09.02.2011, 11:45

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Alterssitz im Norden. Rudi Gaidosch ist dann mal weg.

Wenn Rudi Gaidosch aus seinem Leben erzählen soll, wird er erst einmal ganz still. Fast ungläubig zählt er die Stationen
seiner Karriere auf, als Vollblutgewerkschafter und überzeugter Sozialdemokrat.

Rudi Gaidosch kann auf politischen Veranstaltungen und Betriebsratssitzungen Tacheles reden, große Reden schwingen,
sich streiten bis aufs Blut. Nur in den eigenen vier Wänden, unter dem Bild, auf dem 'Gaidosch auf Chinesisch' steht, fällt
es ihm schwer, über seine Erfolge zu reden. Der Holzener ist eben ein Mann der Tat, der sich auch im Ruhestand nicht
gern selbst aufs Podest hebt. Dazu hat er keine Zeit, wenn er die Tapeten wechselt. Das Bild, ein von seiner Tochter
gemaltes Andenken an seine Reise ins Reich der Mitte mit der Bezirksvertretung Hörde, nimmt er mit, wenn er am
31. August ins Emsland zieht. Nur Ehefrau Marie-Luise und seine betagte Mutter begleiten ihn. Twist heißt der Ort,
den sich der Holzener als Altersruhesitz ausgesucht hat. "Twiiist", korrigiert Gaidosch seine Besucher, die glauben,
es handele sich bei diesem Wort um eine abgekupferte Version des Gummiband-Hüpfspiels. Seit zwei Jahren werkelt
der 62-Jährige dort an einem Häuschen, seinem neuen Zuhause.

Es ist nicht das erste Mal, daß es ihn in die Ferne zieht. Der junge Kraftwerk-Konstrukteur aus Oberhausen kam, knapp 20
Jahre alt, als Gewerkschaftssekretär zur DAG (Deutsche Angestellten Gewerkschaft). Seine erste Planstelle trat Gaidosch
1972 in Dortmund an, bevor er zwei Jahre später nach Münster wechselte. Dort stieg er zum Bezirksleiter auf (1977-1983),
ging danach nach Düsseldorf und Hamburg – unter anderem als Referent im DAG-Bundesvorstand. 16 Jahre lang blieb er
seiner Gewerkschaft als "Festangestellter" treu, bis es ihn 1986 wieder nach Dortmund verschlug. Mit Ehefrau Marie-Luise
zog er nach Holzen. "Ich habe dann mal bei VEW angeklopft", erinnert sich Gaidosch. Dort wurde er Pressesprecher, saß
ab 1991 im Betriebsrat. Dieser Posten allein füllte den umtriebigen Holzener nicht so richtig aus. 1991 wurde er ehrenamt-
licher Betriebsrats-Geschäftsführer der Energiewirtschaft Deutschland. Zehn Jahre später kam VEW zum Energieriesen
RWE mit ihm als stellv. Leiter der Abteilung Kommunikation. Ab 2005 wurde er als Betriebsratsmitglied freigestellt und
beendet in Kürze seine passive Phase der Altersteilzeit.

Rudi Gaidosch hat in seinem Leben mehr fürs Ehrenamt malocht als für seinen Lebensunterhalt. "30 bis 40 Stunden neben
der Arbeit", schätzt der frühere SPD-Ratsvertreter, widmete er sich so nebenher 'seinem' Dorf Holzen. Der Vorort-Politik
drückte der 1968 in die SPD eingetretene Gaidosch lange Jahre seinen Stempel mit auf. "Einmischen, anpacken", das ist
sein Motto, "am liebsten in Teamarbeit". Die Holzener nennen ihn gern auch mal ihren 'Dorfbürgermeister'. Und die Partei
wird ihn vermissen: „Sein Weggang ist ein sehr, sehr großer Verlust für uns“, sagt der Hörder SPD-Stadtbezirksvorsitzender
Werner Sauerländer. Aber ab jetzt ist Gaidosch fast zweiseitiger Lebenslauf vorerst gespickt mit dem Wörtchen 'ehemaliger'
... SPD-Fraktions- und Ortsvereinsvorsitzender, ... Vorsitzender der IG Holzen, ... und und und.

Als seine Gewerkschaft mit ver.di fusionierte, ging Gaidosch mit, ist in Dortmund noch bis zu den Neuwahlen ver.di Bezirks-
Vorsitzender. Bald kann er dieses Amt auch 'zu den Akten' legen. Eine politische und gewerkschaftliche Karriere wie aus
dem Bilderbuch hat der 62-Jährige hinter sich. Obwohl er nie mit seiner Meinung hinter dem Berg hielt: In Hörde votierte
er trotz gegenteiliger Fraktionsmeinung für den Flughafenausbau in Holzwickede, glaubt an die Sicherheit deutscher Atom-
kraftwerke und kann sich ein gesundes Leben in Strommastnähe durchaus vorstellen. Vielleicht werden ihn die Menschen
in Twist gerade deshalb mögen, denn der Ort liegt unweit des Atommeilers in Lingen.

Quelle:
'Westfälische Rundschau', Ausgabe Süd, 27. August 2010.
Verfasserin: Susanne Meyer.

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