Beendigung der Besatzung. Wiederbewaffnung Deutschlands.

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Beendigung der Besatzung. Wiederbewaffnung Deutschlands.

Beitragvon -sd- » 20.11.2018, 09:24

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Pariser Verträge vom Bundestag gebilligt.

Nach einer viertägigen, oft sehr leidenschaftlich geführten Redeschlacht wurden
vom Bundestag die Pariser Verträge in dritter Lesung und damit endgültig mit
großer Mehrheit gegen die Stimmen der Opposition gebilligt. Dadurch stimmte
das Parlament der Bundesrepublik u. a. auch der Wiederaufrüstung Westdeut-
schlands zu. Gegenüber anderen Verträgen fand das heißumstrittene Saarstatut
nur eine knappe Mehrheit, da sich dagegen nicht nur die SPD, sondern auch fast
die ganze FDP und eine Mehrheit des BHE aussprachen.

Nach der endgültigen Verabschiedung der Pariser Verträge und des Saarabkommens
durch den Bundestag müssen die Verträge jetzt auch vom Bundesrat (der Vertre-
tung der Bundesländer) gutgeheißen werden. Erst dann kann Bundespräsident
Heuß das Vertragswerk unterschreiben. Für die Bundesrepublik ist der Ratifika-
tionsprozeß jedoch erst beendet, wenn die entsprechenden Urkunden darüber
in Paris hinterlegt worden sind. — In Kraft treten die Verträge aber erst dann,
wenn auch die anderen Vertragspartner ihre Urkunden gleichfalls deponiert haben.

Das Pariser Vertragswerk, das insgesamt aus vier Einzelverträgen besteht,
wurde von uns mit jeweils verschiedenen Partnern abgeschlossen.

Beim Vertrag über die Beendigung des Besatzungsstatuts sind unsere Vertragspartner
die USA, Großbritannien und Frankreich. Die gleichen Partner haben wir beim Trup-
penvertrag, der die Stationierung ausländischer Truppen auf dem Gebiet der Bundes-
republik regelt. Im Vertrag über den Beitritt der Bundesrepublik zur Westeuropa-
Union und zum Nordatlantikpakt sind folgende Länder unsere Partner: die sechs
Mächte Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg, die Niederlande und Großbritan-
nien; in der NATO werden wir neben Belgien, Dänemark, Frankreich, Großbritannien,
Island, Italien, Kanada, Luxemburg, Holland Norwegen, Portugal, den USA, Griechen-
land und der Türkei 15. Mitglied.

Beim Saarabkommen schließlich ist Frankreich unser einziger Partner.

Den sie betreffenden Teil der Pariser Verträge, die Aufnahmen der Bundesrepublik
in die Westeuropa-Union und die NATO, haben bisher folgende Länder noch nicht
ratifiziert: Frankreich, die Niederlande, Italien, die USA und Belgien. Die letzten
beiden Staaten hatten ihre Zustimmung bis nach der Ratifizierung der Verträge
durch Paris und Bonn zurückgestellt.

Quelle: OSTPREUSSEN-WARTE, März 1953

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Ende des Besatzungsregims steht bevor.
Londoner Neun-Mächte-Konferenz erfolgreich
Deutsche Wiederaufrüstung mit 500.000 Mann.


Einen Monat und vier Tage nach dem Scheitern der EVG ist in London nach
fünftägigen, sehr bewegten Verhandlungen ein neues westliches Verteidi-
gungssystem von den neun Außenministern der Westmächte einschließlich
Dr. Adenauers entworfen und angenommen worden.

Die Beschlüsse lassen sich in sieben Punkten zusammenfassen:

1. Großbritannien, Frankreich und die Vereinigten Staaten werden der
Bundesrepublik die Souveränität verleihen.

2. Die Bundesrepublik und Italien werden dem Brüsseler Verteidigungspakt
(dem bisher Großbritannien, Frankreich und die Beneluxstaaten angehörten)
beitreten. Die sieben Vertragspartner setzen das maximale Rüstungspotential
der einzelnen Mitglieder fest.

3. Die Bundesrepublik verpflichtet sich, keine Atomwaffen, chemische oder
bakteriologische Kampfmittel herzustellen.

4. Amerikanische Truppen werden in Europa belassen.

5. Großbritannien stationiert vier Divisionen (rund 100.000 Mann) und
Luftwaffendivisionen für unbegrenzte Zeit auf dem europäischen Festland.

6. Die Bundesrepublik wird als gleichberechtigter Partner in die NATO
aufgenommen.

7. Die Bundesrepublik verpflichtet sich, zur Herbeiführung der deutschen
Wiedervereinigung oder zur Änderung der jetzigen Grenzen niemals Gewalt
anzuwenden.


Mit Recht betonte Außenminister Eden, daß man in London für die Zukunft
Europas Wesentliches geleistet habe. Der französische Ministerpräsident
Mendés-France erklärte, daß das Londoner Abkommen gute Aussichten habe,
von der französischen Nationalversammlung, die bekanntlich die EVG schroff
abgelehnt hat, ratifiziert zu werden. Er werde sich mit allem Nachdruck für
die Ratifizierung einsetzen.

In den nächsten zwei Wochen werden die Sachverständigen der neun Mächte
die Klärung der noch offenstehenden rechtlichen und technischen Fragen an-
streben. Am 20. Oktober werden die Außenminister der drei Westmächte und
der Bundesrepublik in Paris endgültige Beschlüsse über die Beendigung der
Besatzung und die volle Souveränität Deutschlands treffen. Am 21. Oktober
werden die Außenminister aller neun Mächte in Paris die abschließenden
Entscheidungen über die deutsche Wiederbewaffnung fallen. Am 22. Oktober
wird der Ministerrat der Atlantikpakt-Organisationen die Aufnahme der
Bundesrepublik in die NATO beschließen. Den einzelnen Parlamenten werden
die Abmachungen alsdann zur Ratifizierung vorgelegt. Die Abmachungen
können, sofern keine unerwarteten Hindernisse auftauchen, im Frühjahr
1955 in Kraft treten.

Die USA und Großbritannien würden am 1. Januar 1955 in ihren Zonen auf
ihre Besatzungsrechte verzichten und die Wiederbewaffnung Deutschlands
in ihren Zonen einleiten, falls Paris wider Erwarten erneut eine Verzögerungs-
taktik einschlagen würde. Der Bundesrepublik wird ein Sitz der alliierten
Sicherheitsamt in Koblenz eingeräumt. Nach Aufhebung des Besatzungs-
statuts soll diese Behörde zur Wahrung aller alliierten Interessen weiter
arbeiten.

Bundeskanzler Dr. Adenauer betonte das wichtigste Ergebnis der Londoner
Konferenz sei die Wiederherstellung und Festigung der Solidarität der freien
Welt. Gegenüber der gescheiterten EVG hat die Londoner Akte einen Nachteil
und einen Vorteil. Der Nachteil ist darin zu suchen, daß die Ersatzlösung
eine Koalition der neun Nationalarmeen darstellt, während die EVG die
europäischen Heere, Rüstungsfabriken, Generalstäbe usw. untrennbar mit-
einander verbinden sollte. Der Vorzug der Londoner Akte gegenüber der
EVG ist darin zu suchen, daß dem europäischen Waffenbündnis nun auch
Großbritannien angehört, wodurch die französische Angst, mit den Deutschen
allein zu sein, wegfallen dürfte.

Nach wie vor bejahen Großbritannien und USA die Bonner Politik, die dahin
zielt, den Eisernen Vorhang zu beseitigen und die beiden Deutschländer
wieder zusammenzufügen. Vieles spricht dafür, daß nun auch Moskau ein-
sehen müßte, daß die Absicht des roten Kreml, die USA aus der europäischen
Vertragsorganisation auszugliedern und Amerika und die Bundesrepublik in
eine neue Isolationspolitik hineinzudrängen, durchkreuzt ist. Ebenso ist der
Plan Molotows, den deutschfranzösischen Gegensatz zu verewigen, mißglückt.

Wir können hoffen, daß Moskau aus der neuen Lage die notwendige Nutz-
anwendung ziehen wird, ebenso wie es sich einverstanden erklärt hat, der
zunächst vom Kreml abgelehnten Achtung von Atomwaffen usw. zuzustimmen.

Die Anerkennung der deutschen Bundesregierung als der einzig berechtigten
Vertreterin des deutschen Volkes war zugleich mit der Hervorhebung der
vollen Souveränität nach innen und außen die markanteste Feststellung in der
Regierungserklärung des Bundeskanzlers Dr. Adenauer vor dem Deutschen
Bundestag. Die Zusammenarbeit als Folge der Londoner Abmachungen werde
die freie Welt stärken; ohne diese Einheit des Westens gebe es keine Freiheit,
keinen Frieden und keine deutsche Wiedervereinigung.

Besonderen Beifall zollte der Deutsche Bundestag dem, wie der Bundeskanzler
hervorhob, "revolutionären Akt" der britischen Regierung, britische Truppen
weiterhin auf dem Festland zu stationieren. Auch der Hinweis, daß die Bundes-
republik alle notwendigen Waffen erzeugen sowie Flugzeuge und Schiffe bauen
können, fand einmütigen Beifall.

In den Kreisen der Vertriebenen-Abgeordneten wurden die Stellen der
Regierungserklärung genau verfolgt, die sich auf den künftigen Friedens-
vertrag und die deutschen Grenzen bezogen.

Daß der Westen diese Grenzen jetzt einmütig dem Friedensvertrag vorbehält,
ist sicherlich als ein Fortschritt zu bezeichnen, obwohl ein ausdrücklicher
Hinweis auf die deutschen Ostgebiete und die Hilfe des Westens bei der
Durchsetzung des Heimatrechts der deutschen Vertriebenen nicht erfolgte.

Quelle: OSTPREUSSEN-WARTE, Oktober 1954

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Ergänzende WIKIPEDIA-Hinweise:

Die Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG) von 1952 sollte eine europä-
ische Armee schaffen und damit auch eine weitere westeuropäische Einigung
fördern. Frankreich, die Benelux-Staaten, Italien und die Bundesrepublik Deutsch-
land wären daran beteiligt gewesen; letztere war auch deshalb daran interessiert,
weil auf diese Weise Wiederbewaffnung und das Ende des Besatzungsstatuts
gleichzeitig erfolgt wären. Das Projekt scheiterte 1954, als es im französischen
Parlament keine Mehrheit erhielt. Im Jahr darauf wurde die westdeutsche
Wiederbewaffnung statt durch eine EVG durch den NATO-Beitritt der Bundes-
republik ermöglicht.

Quelle:
https://de.wikipedia.org/wiki/Europ%C3% ... meinschaft


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Länder und Besatzungszonen Deutschlands:

dag-bilder/germany-map-occupation-areas.jpg
http://sommerfeldfamilien.net/sommerfel ... szonen.jpg
dag-bilder/besatzungszonen1951.jpg


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Die Bundesrepublik Deutschland wird souveräner Staat.

Beitragvon -sd- » 22.03.2019, 12:07

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Kriegszustand beendet.

Sechs Jahre nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs haben die Regierungen von 46 Nationen,
darunter die von Großbritannien, Frankreich und den USA, den Kriegszustand mit Deutschland
als beendet erklärt. Sie haben entweder entsprechende Proklamationen veröffentlicht oder
aber ihre Parlamente aufgefordert, die erforderlichen Gesetze zu erlassen. Nur die Sowjetunion,
die anderen Staaten des Ostblocks und Israel, das sich als Nachfolger des ehemaligen britischen
Mandatsgebietes Palästina betrachtet, bleiben abseits.

Die Aufhebung des Kriegszustands bezieht sich auf ganz Deutschland, also auch auf die Bewohner
der Ostzone. Auch diese werden in den bisherigen Feindstaaten rechtlich genauso gestellt wie die
Bewohner der Bundesrepublik. "Wir Deutsche können uns darüber freuen", erklärte Bundeskanzler
Dr. Adenauer. Die Beendigung des Kriegszustandes ersetze zwar noch keinen Friedensvertrag,
aber die diskriminierenden Begriffe seien jetzt verschwunden und Deutschland habe einen
weiteren großen Fortschritt in Richtung auf die Unabhängigkeit erzielt. Vizekanzler Blücher sagte,
jetzt erst könne die Bundesregierung mit allem Nachdruck für die Freilassung der Kriegsgefangenen
eintreten, die sich in den Staaten befinden, mit denen der Kriegszustand aufgehoben worden ist.

Quelle: OSTPREUSSENBLATT, 20. Juli 1951

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Kurz vor der Londoner Konferenz im September / Oktober 1954 wurde durch
Änderung des Grundgesetzes die Wiederbewaffnung und damit die Wehrpflicht
unter Dach und Fach gebracht. Auf jener Londoner Konferenz, an der die
Außenminister der Staaten der Montan-Union, der USA und Kanadas teilnahmen,
stand eine neue Form der europäischen Verteidigung zur Verhandlung, nachdem
das Projekt 'Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG)' am Widerstand des
französischen Parlaments gescheitert war. Beschlossen wurde, die Bundes-
Republik Deutschland als souveränen Staat in den Brüsseler Pakt (1948) und in
die NATO (1949) aufzunehmen; beides wurde 1955 realisiert.

Quelle: Horst Holzer (Hrsg.) 'Facsimile Querschnitt durch die Quick'.
Scherz-Verlag, München - Bern - Wien. 1970.

Der Band vermittelt einen Einblick in 20 Jahre (1948 - 1968) Berichterstattung
einer der meistgelesen Illustrierten der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg.
'Quick' war die große Konkurrenz zum heute noch existierenden 'Stern'.


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Deutschland - endgültig gleichberechtigt.

Nach den geheimen deutsch-französischen Besprechungen von St. Cloud fiel
im Pariser Palais de Chaillot die erste Entscheidung: Das Besatzungsstatut
Deutschlands fällt, die Bundesrepublik wird gleichberechtigtes Mitglied des
Nord-Atlantik-Pakts
. So bestätigte die historische Vier-Tage-Konferenz des
Londoner Abkommens, und zufrieden stellten sich die vier Staatsmänner den
Fotografen: Pierre Mendes-France, Konrad Adenauer, Sir Anton Eden und
John Foster Dulles.

Quelle: 'Facsimile Querschnitt durch die Quick'.

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